Beamte wollen nicht nur erfolgreich verteidigt sondern auch gut versorgt sein.

Meine Mutter war eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm. In den Straßen Berlins groß geworden, war ihr eine klare, unmissverständliche Ausdrucksweise eigen. Von ihr erfuhr ich, dass es an einer Holzkiste nichts zu löten gibt. Und wenn etwas sein Ende gefunden hatte und nicht mehr zu ändern war, dann war es oft der Satz „Klappe zu, Affe tot.“, der vor meinem inneren Auge den Berliner Zoo auftauchen und mich mit der Frage ratlos zurück ließ, weshalb nun ausgerechnet ein Bewohner des Primatenhauses dran glauben musste. Die Geschichte, die mir jüngst von einem verzweifelten, mich um Rat bittenden Mandanten berichtet wurde, hätte sie vermutlich mit „Operation gelungen, Patient tot“ kommentiert. 

Es ist die Geschichte eines Pensionärs. Ein älterer Herr mit weißer Weste, der sich noch nie etwas hatte zu Schulden kommen lassen. Bis es dann kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zu einigen Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll. Er wird angeklagt. Noch bevor es in die Hauptverhandlung geht, sucht sein damaliger Verteidiger das Gespräch mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft. Seinem Mandanten hatte er einen Deal in Aussicht gestellt. Oder wie es heute in der Strafprozessordnung (StPO) heißt: eine Verständigung.

Dem Ruheständler hatte die Vorstellung von einer kurzen Verhandlung, die ihn nervlich nicht so arg belasten würde, gut gefallen. Also kein Bestreiten, keinen Konflikt mit Staatsanwaltschaft und Gericht. Der Peinlichkeit, die mit der Vernehmung von Zeugen einhergehen würde, könnte man aus dem Weg gehen. Der angeklagte Pensionär müsste nur alles eingestehen, was in der Anklageschrift über ihn behauptet wird. Auch wenn es nicht alles genau so gewesen war, und er sich längst nicht alles hatte zu Schulden kommen lassen , wie es vom Staatsanwalt behauptet wurde. Dafür würde es aber schnell gehen, und er könnte den Verhandlungssaal nach kurzem Prozess bald wieder verlassen.

Der Preis, den der Angeklagte dafür zahlen sollte, schien ihm günstig zu sein. Ein Jahr Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Dass der Preis tatsächlich sehr viel höher war, ahnte der Ruhestandsbeamte nicht. Zum Verhängnis wurde ihm, dass es auch seinem Verteidiger an jeglicher Ahnung hinsichtlich der Risiken eines solchen Deals mangelte. Zumindest das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) war dem damaligen Rechtsanwalt meines Mandanten wohl unbekannt. Besagtes Gesetz sieht vor, dass ein Pensionär im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung unter bestimmten Voraussetzungen automatisch seine Rechte als Ruhestandsbeamter verliert. Also seine Ansprüche auf die Bezüge als Ruheständler. Besagte Voraussetzungen sind schnell aufgezählt. Die abgeurteilte Tat muss noch während der Dienstzeit begangen worden sein, und das Gericht erkennt auf mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe (§ 41 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz). So wie in diesem Fall.

Operation gelungen; das Strafverfahren wurde ohne großes Aufsehen sehr schnell über die Bühne gebracht. Patient – nein, nicht tot. Aber arm. Zum Glück für den Mandanten, war das nicht der einzige Fehler, der in diesem Verfahren gemacht wurde. Womöglich ist ja noch nicht Klappe zu, Affe tot.