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Cannabis – keine Wirkung ohne Nachweis

Was im Blut nachgewiesen werden kann, wirkt auch. So die Logik des Gesetzgebers, wenn es um das Führen von Kraftfahrzeugen unter Drogeneinfluss geht.

Anders als bei Alkohol, für den Promillegrenzen gelten, ist bezogen auf Drogen bislang keine verlässliche Aussage dazu möglich, welche Konzentration des jeweiligen Wirkstoffs im Blut tatsächlich Einfluss auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Konsumenten hat. Es gilt daher ganz pauschal: Wenn der aktive Wirkstoff eines Rauschmittels nachweisbar ist, dann entfaltet es auch seine berauschende Wirkung und beeinträchtigt die Fähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Es gilt jedoch, eine Einschränkung dieser pauschalen Bewertung zu beachten. Die sogenannte Nachweisgrenze muss erreicht sein. Die wird für die jeweiligen Drogen von der sogenannten Grenzwertekommission festgelegt. Bei THC beispielsweise, dem Wirkstoff des Cannabis, liegt die Nachweisgrenze bei 1,0 ng pro ml Blut. Wird diese Konzentration nachgewiesen, hilft alles Beteuern der eigenen Fitness nicht. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat der Richter zu unterstellen, dass die Droge ihre Wirkung entfaltet hat.

Und umgekehrt? Laut Polizeibericht zeigt ein Fahrzeugführer alle typischen Anzeichen eines Drogenrausches. Aber die Konzentration sämtlicher in der Blutprobe gefundener Rauschgifte liegt deutlich unterhalb der jeweiligen sogenannten Nachweisgrenzen. Was soll jetzt maßgeblich sein? Die körperlichen und geistigen Ausfallerscheinungen, mit denen der Fahrzeugführer in der Polizeikontrolle aufgefallen ist, oder die lediglich geringe Konzentration eines Rauschmittels im Blut?

Das Oberlandesgericht Jena hatte sich in einem Rechtsbeschwerdeverfahren mit dieser Frage zu beschäftigen, entschied zu Gunsten des Betroffenen und sprach ihn frei. Denn Wirkstoffkonzentrationen unterhalb der analytischen Nachweisgrenze erscheinen nicht als geeignet, die Fahrtüchtigkeit zu beeinträchtigen. Gänzlich unabhängig davon, welches Erscheinungsbild der Betroffene darbietet. Oder anders ausgedrückt: Es mag ja sein, dass der Betroffene durch seine erweiterten Pupillen aufgefallen ist. Aber dieser Umstand kann auch anderen Ursachen als einer Rauschmittelwirkung zugeschrieben werden.

OLG Frankfurt a.M. empfiehlt Drogenberater

Wer unter der Wirkung eines Rauschmittels ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, muss zumindest mit der Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 500,- € und der Anordnung eines Fahrverbots von einem Monat rechnen. Aber wie und vor allem wie lange wirken Rauschmittel?

Die Frage ist nicht so ohne Weiteres verlässlich zu beantworten. Und wird von einem Strafrichter auch gar nicht erst erwartet. Deshalb ist § 24 a Abs. 2 StVG auch dahin gehend auszulegen, dass ein Kfz bereits als unter der Wirkung eines Rauschmittels geführt gilt, wenn der aktive Wirkstoff einer der in der Anlage zu § 24 a StVG aufgelisteten Drogen im Blut des Fahrers nachgewiesen werden kann. Wird die von der sogenannten Grenzwertekommission definierte Nachweisgrenze erreicht, soll eine Beeinträchtigung grundsätzlich als möglich erscheinen. Aber allein der objektive Befund des Nachweises einer bestimmten Konzentration an Rauschmitteln im Blut reicht für sich genommen noch nicht für einen Schuldspruch wegen einer Drogenfahrt.

Dem Betroffenen muss darüber hinaus der Vorwurf zu machen sein, wenigstens fahrlässig gehandelt zu haben. Damit ist nicht gemeint, dass die Drogen gewissermaßen versehentlich eingenommen wurden. Es geht vielmehr um die Frage, ob dem Drogenkonsumenten zum Zeitpunkt der Fahrt bewusst ist oder von ihm hätte zumindest erkannt werden müssen, dass die Wirkung andauert. Da es nun aber für den Juristen gar nicht auf Anzeichen einer Wirkung ankommt, sondern allein die mit Erreichen des Grenzwertes gegebene bloße Möglichkeit der Drogenwirkung von Bedeutung ist, verhält sich nach Auffassung des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. bereits der Fahrzeugführer schuldhaft, der sich nach Drogenkonsum ans Steuer seines Fahrzeugs setzt, ohne sicher sein zu können, dass die Konzentration der aktiven Wirkstoffe unter die Nachweisgrenze gesunken ist. „So kann und muss sich ein Kraftfahrzeugführer, der verbotenerweise Drogen konsumiert hat, Kenntnis darüber verschaffen, wie lange deren Wirkung anhält.“ Wie darf man sich das wohl vorstellen?

OVG Greifswald glaubt nicht an namenlose Wohltäter

„Hat mir jemand etwas ins Getränk gemixt?“ Wer weiß? Soll ja schon vorgekommen sein. Oder die Gläser sind vertauscht worden.

Irgendeine Erklärung muss es doch dafür geben, dass in der anlässlich einer Verkehrskontrolle entnommenen Blutprobe Benzoylecgonin, ein Abbauprodukt des Kokain, nachgewiesen wurde. Aber welche?

Und wie sicher und detailliert muss der Betroffene seine Erklärung, er habe womöglich etwas untergeschoben bekommen, darlegen? Oder schützt ihn schon die nicht zu widerlegende Behauptung, die Droge sei ihm ohne sein Wissen von Dritten verabreicht worden, vor der Entziehung  seiner Fahrerlaubnis?

Fragen, die dem auf das Fahrerlaubnisrecht spezialisierten Verkehrsstrafrechtler tagtäglich begegnen. Und die von enormer Bedeutung sind. Denn im Regelfall rechtfertigt schon die einmalige – aber eben bewusste – Einnahme von so genannten „harten Drogen“ die Annahme, dass ein Fahrerlaubnisinhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

So ist es den § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) in Verbindung mit Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13, 14 FeV zu entnehmen. Dabei kommt es unter fahrerlaubnisrechtlichen Aspekten nicht einmal darauf an, dass eine Wirk- oder Abbaustoffkonzentration gefunden wurde, die die für § 24 a Straßenverkehrsgesetz (StVG) geltenden Grenzwerte erreicht.

Wer also positiv auf Kokain getestet wurde, muss mit einem Entzug seiner Fahrerlaubnis rechnen, solange die Fahrerlaubnisbehörde davon ausgehen kann, dass die Einnahme nicht ohne das Wissen des Fahrerlaubnisinhabers erfolgte.

Doch wie kann sich der in Verdachtgeratene wirksam entlasten? Wie beweist man eine Negativ-Tatsache; insbesondere die, nicht zu wissen, wie sich ein bestimmtes Geschehen zugetragen hat. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald hat die von ihm dazu entwickelten Grundsätze anlässlich einer jüngst ergangenen Entscheidung zusammengefasst:

1. Die pauschale Behauptung einer nicht bewussten Einnahme reicht nicht.

2. Stattdessen muss eine nachvollziehbare Schilderung abgegeben werden, wie es zu einem unbewussten, zufälligen oder durch Dritte manipulierten Konsum gekommen sein soll.

3. Die Plausibilität einer solchen Schilderung soll insbesondere daran zu überprüfen sein, wie sie sich zu jenen gewichtigen Umständen verhält, die grundsätzlich gegen die Annahme einer zufälligen Einnahme sprechen.

Solche gewichtigen Umstände liegen insbesondere im hohen finanziellen Aufwand, den derjenige betreibe, der beispielsweise Kokain in einem Getränk auflöse, um sich in einen Rauschzustand zu versetzen. Es sei zu erwarten, dass  derjenige, der so verfährt, bemüht sein wird, seinen eigenen Konsum sicherzustellen und andere von einem ungewollten Konsum auszuschließen.

Außerdem müsse er im Falle der Entdeckung seines Tuns mit ihm unliebsamen Reaktionen rechnen. Immerhin ist ja schon der Besitz von Kokain strafbar. Auch deshalb sei damit zu rechnen, dass Vorkehrungen getroffen werden, den zufälligen Konsum eines Anderen zu verhindern.

Die Erklärung hingegen, die Droge sei von ihrem Besitzer bewusst untergemischt und beigebracht worden, müsse an Hand der Frage geprüft werden, welches konkrete Interesse besagte Person daran gehabt haben könnte.

Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides wegen Drogenfahrt

Wer unter der Wirkung berauschender Mittel wie beispielsweise Cannabis oder Kokain im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, begeht zumindest eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24 a Abs. 2 StVG, die nach der Bußgeldkataklog-Verordnung mit einer Geldbuße und einem Fahrverbot geahndet werden kann. Formelle Voraussetzung für eine solche Sanktion ist, dass der Bußgeldbescheid, mit dem die Geldbuße verhängt und das Fahrverbot angeordnet werden, wirksam ist. Daran kann es aus verschiedenen Gründen fehlen.

Gelegentlich übersehen Ordnungsbehörden, die Bußgeldbescheide erlassen, elementare Voraussetzungen für deren Wirksamkeit. Eine dieser Voraussetzungen ist die hinreichende Konkretisierung der Tat. Die Konkretisierung hat sich naturgemäß am abstrakten Vorwurf des Wortlautes des gesetzlichen Tatbestandes zu orientieren. Aber das Gesetz genau zu lesen, bereitet dem ein oder anderen Behördenvertreter wohl doch ungeahnte Schwierigkeiten.

Im § 24 a Abs. 2 StVG ist ausdrücklich von „Wirkung“ die Rede. Da bekanntermaßen die Wirkung von Drogen erst durch bzw. ab bestimmten Konsummengen erreicht wird, reicht es für die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides nicht aus, wenn es darin lediglich heißt: „… Sie führten ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung des berauschenden Mittels …“, ohne dass nicht auch noch die festgestellte Wirkstoffkonzentration mitgeteilt wird.